Irreführendes Abo-Formular
12.01.2020Die Selbständigkeit unseres Mandanten begann mit einem Irrtum. Er hatte sich über ein Notariat als Kaufmann in das Handelsregister eintragen lassen. 15 Tage nach der Eintragung, die ihm bis dahin selbst noch gar nicht bekannt war, erhielt er ein Schreiben, welches mit „Firmenregister für Industrie Handwerk und Handel“ übertitelt war. Im Glauben, es handele sich um ein Formular des Handelsregisters, füllte er das Formular aus und sandte es an die angegebene Faxnummer zurück.
Völlig überraschend erhielt er einige Tage später eine Rechnung über 1.011,50 EUR für die „Aufnahme Standard Gewerbedatenbank.org“, „Jahresbetrag 1. Vertragsjahr“. Unser Mandant widersprach der Forderung und wurde daraufhin von der Rechnung stellenden Marber GmbH auf Zahlung verklagt.
Wir übernahmen die Verteidigung gegen die Forderung – mit Erfolg. Durch Urteil vom 19.06.2019 (Az.: 127 C 82/19) bestätigte das Amtsgericht Köln unsere Auffassung, dass ein „wucherähnlichen Rechtsgeschäft“ vorliege:
Die Eintragung in die Gewerbedatenbank sei „faktisch wertlos“, führt das Amtsgericht in seinem Urteil aus. Dies ergebe „sich schon aus allgemein zugänglichen Quellen und ist damit allgemeinkundig“. Schließlich sei die „Gewerbedatenbank“ über gängige Suchbegriffe wie „Firmenverzeichnis“, „Branchenbuch“ und „Gewerbeverzeichnis“ in den marktführenden Suchmaschinen nicht zu finden. „Dass Internetnutzer unter Verwendung gängiger Suchmethoden bei der Suche nach einem Unternehmen über die Internetseite“ gewerbedatenbank.org auf unseren Mandanten „aufmerksam werden, ist faktisch ausgeschlossen.“
Das Amtsgericht Köln warf der Marber GmbH auch die für eine Sittenwidrigkeit erforderliche „verwerfliche Gesinnung“ vor. Dies folge daraus, dass unserem Mandanten das Formular „unaufgefordert unmittelbar nach der Eintragung seines neu gegründeten Unternehmens in das Handelsregister“ zugeschickt worden war. Zwar enthalte das Formular „einen Hinweis auf die Kostentragungspflicht“. Der „Hinweis darauf, dass es sich um eine Online-Datenbank handelt“, finde sich aber nur „im kleingedruckten Fließtext“. Das Formular sei „so gestaltet, dass es auf den ersten Blick eher an ein behördliches Formular erinnert“. Es spreche einiges dafür, dass die Marber GmbH darauf setze, „dass ein unerfahrener Gründer den Fließtext eben nicht genau liest und das Formular für einen nötigen Schritt bei der Unternehmensgründung hält“.
Die Marber GmbH legte Berufung gegen Urteil ein – ohne Erfolg. Das Landgericht Köln (Az.: 9 S 130/19) bestätigte in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2020 unsere Argumentation, dass der Eintrag in die Gewerbedatenbank „nicht werthaltig“ sei. Zudem gebe es dafür, dass die Marber GmbH für ihr Auftragsformular einen anderen Briefkopf verwende als für ihre Rechnungen, Mahnungen und sonstigen Schreiben, „nur eine Erklärung, nämlich eine beabsichtigte Täuschung des Empfängers“. Der Vertrag sei daher sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB und somit nichtig.
Zudem sei das Urteil des BGH vom 26.07.2012 (Az.: VII ZR 262/11), in welchem die Marber GmbH bereits unterlegen war, auch auf das hiernach abgeänderte Auftragsformular zu übertragen mit der Folge, dass die mitten im Fließtext untergebrachte Entgeltklausel als „intransparent“ und somit unwirksam zu werten sei.
Ginge man von einem zunächst wirksamen Vertragsschluss aus, wäre jedenfalls die von unserem Mandanten erklärte „Anfechtung wegen arglistiger Täuschung“ durchgreifend gewesen.
Die Marber GmbH nahm nach den deutlichen Worten der Kammer des Landgerichts Köln ihre Berufung zurück und verhinderte dadurch einen weiteren, für sie nachteilhaften Urteilsspruch.